Der erste "Bici-Bus" im Allgäu
Kinder zur Schule bringen- da gibt's zwei Alternativen: entweder im Auto ("Eltern-Taxi") oder zu Fuß bzw. auf dem Fahrrad und in Begleitung der Eltern. Letzteres ist die gesündere und umweltschonende Variante. In Kempten gibts jetzt den "Bici-Bus".
(lub)- Der erste „Fahrrad-Bus“ im Allgäu
Kemptener Eltern tun was gegen „Eltern-Taxis“
Kempten - Julia und Friso Leeflang dürfen nie mehr verschlafen, an ihnen hängt jetzt alles. Wenn sie nicht pünktlich sind, dann kommen alle zu spät.Die Beiden sind nämlich die ersten, die mit ihren drei Kindern gewissermaßen in der Julius-Mayr-Straße in den neuen Kemptener „Fahrradbus“ einsteigen. „Punkt 7 Uhr 15 starten wir und treten in die Pedale,“ erklärt Julia,sie ist die Schlußfahrerin, Friso strampelt vorneweg, sie rahmen die Kinder ein, alle sind mit Helm und Licht unterwegs. Ihr Ziel: die Montessori-Schule in Kempten, etwa anderthalb Kilometer vom Haubenschloß bis an den Rand der Innenstadt.“Wir setzen uns aufs Fahrrad, um unsere Kinder auch ohne Auto sicher zur Schule zu bringen,“ erzählen die Leeflangs.
Sie halten nichts von den zahlreichen „Eltern-Taxis“, die sich jeden Schultagmorgen vor dem Schulgebäude in der Reichlinstraße ballen, wenn die knapp 200 Schüler zum Unterrichtsbeginn kommen. Das verschmutzt nicht nur die Luft, sondern führt zu gefährlichen Situationen und Ärger. Parken auf dem Gehweg, laufende Motoren, hektisches Aussteigen- kein idealer Tagesauftakt für Schulkinder. „In Barcelona waren sie die Ersten,“ sagt Julia,“ Hunderte von Kindern auf ihren Fahrrädern, flankiert von den Eltern, ich hab einen Film darüber gesehen, phantastisch!“schwärmt sie. Im Pulk sind die Kids sicher unterwegs, sogar Achtjährige dürfen auf der Straße rollen, nebeneinander fahren. Gruppen ab 16 Personen bilden laut deutscher Straßenverkehrsordnung einen sogenannten „geschlossenen Verband“, der sich wie ein Bus im Verkehr bewegen darf. „Bici-Bus“ sagen die Spanier dazu, Fahrrad-Bus auf Deutsch. Im Allgäu gibt’s bislang nur den in Kempten, darüber hinaus findet man welche in Aschaffenburg, Fürth, Lauf,Biberach und München.
Am Haubenschloß sind es derzeit zehn, manchmal zwölf Kinder, dazu meist vier bis fünf begleitende Erwachsene: Linus,Frida,Beat,Nisa, Liya,Melina,Johann und Johanna,Leo und Leonhard und der kleine Anton. Sie werden nach und nach eingesammelt,reihen sich mit großem „Hallo!“ oder morgendlich-verschlafenem „Morgääähn!“ ein in den alle paar Meter größer werdenden „Bus“. Die Autofahrer scheinen das zu respektieren:“ Die überholen uns nicht, hupen nicht, warten,bis wir weiter sind,“ berichtet Philipp, einer der „Begleit-Väter“, „wenn man allein unterwegs ist, reagieren sie ganz anders.“ Neulich hat sogar ein Riesenlaster gewartet, bis der Kemptener „Bicibus“ vorbeigerollt ist,freut sich Friso. Als gebürtigem Niederländer sind ihm die vielen Autos zwischen den Radlern eh ein Graus, er war begeistert, als ihm Julia vom „Fahrrad-Bus“ erzählte. Leute ansprechen, Plakate aufhängen, einen Plan machen- als Selbstständige wissen die Leeflangs, wie man ein Projekt auf die Beine stellt. Die Kinder sind begeistert, selbst in der schummrigen Unterführung unter der Lindauer Straße jubeln sie, mit roten Backen stellen sie ihre Fahrräder vor der Schule ab. Und die Eltern freuen sich: jede Fahrt mit dem „Bicibus“ schont die Umwelt, generiert weniger Pkw-Verkehr und fördert das Gemeinschaftsgefühl, läßt obendrein ihre Kinder immer sicherer Radeln.
„Wir dürfen nur nicht verschlafen,“ grinst Friso.